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Mercedes präsentiert in Tokyo das Auto von übermorgen. Der Vision Tokyo fährt autonom, nutzt als Antrieb eine Brennstoffzelle und hat im Innenraum neben einem beleuchteten Sofa jede Menge Higtech an Bord. - Foto: Daimler |
Die Tokyo Motor Show ist vielleicht nicht die bedeutendste Automesse des Jahres, aber sicher einer der mit dem meisten Gesprächsstoff. Auf kaum einer anderen Automesse zeigen die Hersteller solch derart abgefahrene Konzeptstudien wie in der japanischen Hauptstadt Tokyo, wo rund neun Millionen Menschen auf 622 Quadratkilometern – eine Fläche kleiner als Paris, aber mit mehr als viermal so vielen Menschen - leben. Eines dieser Highlights dürfte in diesem Jahr der "Vision Tokyo" von Mercedes-Benz sein. Ein Auto was derzeit von der Serienreife soweit entfernt ist, wie ich (Berlin) von Tokyo, soll zeigen, wo die automobile Zukunft von Mercedes-Benz hingehen könnte.
Der Fünfsitzer mit seinem ungewöhnlichen und futuristischen Design zeigt laut Mercedes, wie das Auto der Zukunft zu einem hippen Lebensraum wird – zu einer Chill-Out-Zone im quirligen Straßenverkehr von Megacities. Was man darunter verstehen kann, zeigt der Blick in den Innenraum. Eine klassische Sitzanordnung von „vorne“ und „hinten“ sucht man in dieser spacigen Studie vergebens. Vielmehr gibt es eine große oval geformte Couch, auf der in einer einzigartigen Lounge-Landschaft alle Passagiere die Vorteile des autonomen Fahrens genießen können.
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Vorne und hinten sitzen ist im Vision Tokyo Schnee von gestern. Hier gibt es keine gewöhnliche Sitzanordnung, sondern ein riesiges Sofa. - Foto: Daimler |
Entwickelt wurde Vision Tokyo als Hommage an die urbane Generation Z, die nach 1995 geboren und mit den neuen Medien groß geworden ist. Für diese globale Generation hat das Fahrzeug einen neuen Stellenwert: Es ist nicht nur Fortbewegungsmittel, sondern vielmehr ein digitaler, automobiler Begleiter. Und auch wenn dieses Generation oft und gern in den sozialen Netzwerken unterwegs ist, bevorzugt sie, so möglich, den persönlichen Kontakt. Und für diese Face-to-Face-Kommunikation wurde die Sitzanordnung optimiert. Als moderne Club-Lounge bringt der Vision Tokyo Menschen zusammen. Im autonomen Fahrmodus können sie entspannen und chatten, ohne sich um die Fahrt durch den dichten Verkehr kümmern zu müssen.
Hinter den Passagieren befinden sich große LED-Bildschirme im Wrap-around-Design. Die perforierten Sitze sind hinterleuchtet, was ein High-Tech-Ambiente erzeugt, ein gewollter Kontrast zur weichen Oberfläche des hellen Leders. Apps, Landkarten und Anzeigen des Entertainment-Systems werden mit einem Projektor als dreidimensionale Hologramme im Raum dargestellt.
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Ob man es glaubt oder nicht: Auch an ein Lenkrad wurde gedacht. - Foto: Daimler |
Soll der Vision Tokyo nicht autonom fahren, sondern von Hand gesteuert werden, lässt sich in Fahrtrichtung vorne mittig ein Sitz aus der Couch herauslösen, ähnlich dem „Jump Seat“ in Flugzeug-Cockpits. Auch das Lenkrad wird aus der Standby-Position in Fahrlage gebracht.
Zudem wurde die Karosserie des Vision Tokyo so konzipiert, dass ein Elektroantrieb mit Brennstoffzelle aufprallgeschützt integriert werden kann. Dieser basiert auf dem wegweisenden F-CELL PLUG-IN HYBRID des F 015 Luxury in Motion und kombiniert die Stromerzeugung an Bord mit einer besonders leistungsfähigen und kompakten Hochvoltbatterie, die berührungslos per Induktion aufgeladen werden kann. Zur Wasserstoffspeicherung sieht das Konzept Drucktanks aus CFK vor. Die Gesamtreichweite dieses Elektro-Hybridsystems beträgt 980 Kilometer, davon können rund 190 Kilometer mit der Batterie gefahren werden und ca. 790 Kilometer mit dem on-board generierten Strom aus der Brennstoffzelle.
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Die 4,80 Meter lange Studie ist in Alubeam lackiert und zieht dank seiner blauen Beleuchtung sämtliche Blicke auf sich. - Foto: Daimler |
Der 4,80 Meter lange, 2,10 Meter breite und 1,60 Meter hohe Fünfsitzer präsentiert sich in Japan in einer monochromen Lackierung in Alubeam und wurde von den Mercedes-Entwicklern mit 26-Zoll großen Felgen und einer reichlich blauen Beleuchtung versehen. Außerdem verfügt die Studie über eine 360-Grad-Kamera, an der Finne auf dem Fahrzeugdach, und über im Siebdruck-Verfahren in Wagenfarbe bedruckte Seitenscheiben. Diese sorgen für eine private Atmosphäre, lassen gleichzeitig aber genügend Licht in den Innenraum und gewähren so den freien Blick nach draußen.
Apropos Scheiben: Wer denkt das es sich bei der Frontscheibe um eine klassische handeln würde, der irrt. Hier wurde eine durchgehende Glasfläche – ähnlich der Cockpitverglasung eines Powerboats - verbaut. Wie beim AMG Vision Gran Turismo sind die Frontscheinwerfer weit nach außen gerückt und schräg gestellt. Auf dem Feld an der Front des Fahrzeugs können unterschiedliche Leuchtfunktionen dargestellt werden. Läuft Musik im Fahrzeug, visualisiert das Display beispielsweise wie ein Sound-Analyser das Klangbild. Die Heckscheibe ist mit roten LED-Kuben ringförmig umrandet, was für eine optische Tiefe sorgt. Auch hier lässt sich das LED-Feld – zur Anzeige des Blinkers oder der Analyser-Funktion – nutzen.
Mit dem Vision Tokyo erhält die Familie der Design-Showcars von Mercedes nun Zuwachs. In der Vergangenheit sorgten die Schwaben bereits mit dem Vision Ener‑G-Force (Los Angeles, November 2012) für aufsehen. Später folgten dann der für die Rennsimulation Gran Turismo 6 entwickelte
AMG Vision Gran Turismo (Sunnyvale, 2013) und der G-Code (Peking, November 2014).
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Foto(s) © Daimler/dpp-AutoReporter/ZbigniewMazar